Was ist die EMV-Richtlinie?
Die neue EMV-Richtlinie 2014/30/EU löst die alte EMV-Richtlinie 2004/108/EG ab. Die EMV-Richtlinie ist die einzige EU-Richtlinie, deren Hintergrund nicht direkt die Sicherheit von Menschen ist [1]. Die Richtlinie zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) zielt darauf ab, die durch Interferenzen zwischen elektromagnetischen Geräten verursachten Nebenwirkungen zu minimieren. Gemäß der Richtlinie bedeutet elektronische Verträglichkeit die Fähigkeit eines Geräts, in seiner elektromagnetischen Umgebung zufriedenstellend zu funktionieren, ohne andere Geräte in dieser Umgebung in unzulässiger Weise elektromagnetisch zu stören.
Zweck der Richtlinie ist es, den freien Verkehr von Betriebsmitteln in der Europäischen Union zu gewährleisten und eine annehmbare elektromagnetische Umgebung im Gebiet der Union zu schaffen [2]. Um die elektromagnetische Verträglichkeit zu regeln, verfolgt die Richtlinie folgende Ziele
- Betriebsmittel müssen den Anforderungen der EMV-RL entsprechen, wenn sie auf dem Markt bereitgestellt und/oder in Betrieb genommen werden, wenn sie ordnungsgemäß installiert, gewartet und für den vorgesehenen Zweck verwendet werden;
- bei ortsfesten Anlagen ist die Anwendung der guten Ingenieurspraxis vorgeschrieben, wobei die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, den Nachweis der Konformität der ortsfesten Anlage zu verlangen und gegebenenfalls eine Bewertung einzuleiten, wenn Nichtkonformitäten festgestellt werden.
Warum ist es wichtig, dass Produkte die EMV-richtlinie einhalten und elektromagnetisch Verträglich sind?
Elektromagnetische Störungen sind eine Form der elektrischen Umweltverschmutzung, die zunehmend die Akzeptanz elektronischer Produkte beeinträchtigt, z. B:
- Intermittierende Zapfsäulen
- Batteriespielzeuge, die den Radio- und Fernsehempfang stören
- Haushaltsgeräte, die auseinandergehalten werden müssen - zwei ordnungsgemäß CE-gekennzeichnete Haushaltsgeräte, wenn man sie nebeneinander stellt, stören sie sich gegenseitig.
- TETRA und Autoalarmanlagen
- Powerline-Systeme und Amateurfunkkommunikation
- Probleme bei der Flugzeugnavigation (Inflight- und Funkbaken) durch LED-Leuchten
- Handys und medizinische Geräte
- Elektronische Geräte, die in relativ geringem Abstand zueinander stehen, wie z. B. in einem Haus Mikrowellenherd und Waschmaschine, können sich gegenseitig stören. Es muss angewendet werden
wenn die elektromagnetische Störung den Pegel überschreitet, ab dem Funk- und Telekommunikationsgeräte oder andere Geräte nicht mehr bestimmungsgemäß arbeiten können und wenn sie nicht über einen Störfestigkeitsgrad gegenüber den elektromagnetischen Störungen verfügen, der bei ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung zu erwarten ist und der ihren Betrieb ohne unzumutbare Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung ermöglicht.
Welche Produkte sind von der Richtlinie betroffen und müssen die CE-Kennzeichnung tragen?
Die Richtlinie gilt generell für eine Vielzahl von Betriebsmitteln, einschließlich elektrischer und elektronischer Geräte, Apparate und Systeme. Für die Zwecke der Richtlinie gilt der Begriff "Betriebsmittel" ist definiert als jedes Gerät oder jede ortsfeste Anlage. Komponenten und Baugruppen zählen ebenfalls hinzu.
Was sind Betriebsmittel nach der EMV-Richtlinie die CE-Kennzeichnung tragen müssen (Geräte, Komponenten, Baugruppen und ortsfeste Anlagen)?
Zu den Betrieb smitteln zählen Geräte und ortsfeste Anlagen, Komponenten und Baugruppen.
Ein "Gerät" ist jedes fertige Gerät oder jede Kombination davon, das/die als einzelne Funktionseinheit auf dem Markt bereitgestellt wird, für den Endnutzer bestimmt ist und elektromagnetische Störungen verursachen kann oder dessen/deren Leistung durch solche Störungen beeinträchtigt werden kann [3]. Hierzu zählen zum Beispiel
- Beleuchtungsprodukte wie LED-Beleuchtung,
- LED-Fernseher,
- Mixer,
- Backöfen,
- Kühlschränke,
- Elektromotoren,
- Lithiumbatterien
"Komponenten" oder "Baugruppen", die zum Einbau in ein Gerät durch den Endnutzer bestimmt sind, sowie "ortsveränderliche Anlagen" gelten nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie ebenfalls als Geräte [2]. Beispiele hierfür sind:
- Einsteckkarten für Computer,
- Computerlaufwerke,
- USB-Speichersticks,
- SD-Karten. "2
Eine “ortsfeste Anlage” ist eine bestimmte Kombination von mehreren Gerätetypen und gegebenenfalls anderen Geräten, die zusammengebaut, installiert und dazu bestimmt sind, dauerhaft an einem vorbestimmten Ort verwendet zu werden [3].
Welche Produkte sind von der EMV-Richtlinie ausgenommen?
Betriebsmittel, die keine elektrischen und/oder elektronischen Teile enthalten, erzeugen keine elektromagnetischen Störungen und ihr normaler Betrieb wird durch solche Störungen nicht beeinträchtigt. Daher fallen Geräte ohne elektrische und/oder elektronische Teile nicht in den Anwendungsbereich der EMV-Richtlinie [1].
Zusätzlich gibt es Betriebsmittel welche explizit aus dem Anwendungsbereich der EMV-RL ausgeschlossenen sind [3]. Hierzu zählen:
- Luftfahrterzeugnisse
- Funkgeräte (für die CE-Kennzeichnung dieser ist die Funkgeräte-RL anzuwenden).
- Funkgeräte, die für die Verwendung durch Funkamateure bestimmt sind (für die CE-Kennzeichnung dieser ist die Funkgeräte-RL anzuwenden).
- Geräte, die unter andere spezifische Rechtsvorschriften der Union fallen, wie z. B. Geräte, die bereits unter die Richtlinie 1999/5/EG fallen, und andere wie Schiffsausrüstung (Richtlinie 2014/90/EU), medizinische Geräte, land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen (Verordnung (EU) Nr. 167/2013)
- Inhärent gutartige Geräte: Ein Geräte gilt dann als gutartig wenn das Gerät nicht in der Lage ist, zu elektromagnetischen Emissionen beizutragen, die ein Niveau überschreiten, das den bestimmungsgemäßen Betrieb von Funk- und Telekommunikationsgeräten und anderen Geräten ermöglicht.
- wenn sie bei elektromagnetischen Störungen, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch auftreten, ohne unzumutbare Beeinträchtigung arbeiten.
- Zum Beispiel Kabelzubehör, Quarzuhren, Batterien und Akkumulatoren ohne aktive elektronische Schaltungen (hier ist für die CE-Kennzeichnung gegebenenfalls die RoHS-RL oder die BauprodukteV anzuwenden).
- Kundenspezifisch angefertigte Evaluierungskits, die für Fachleute bestimmt sind und ausschließlich in Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen für solche Zwecke verwendet werden
Welche Anforderungen bzw. Pflichten müssen Hersteller bzw. Inverkehrbringer gemäß der EMV-Richtlinie erfüllen, sodass das sie ihr Produkt CE-kennzeichnen dürfen?
Für die CE-Kennzeichnung eines EMV-Produktes hat der Hersteller bzw. Inverkehrbringer 9 verschiedene Pflichten einzuhalten:
- Die Geräte müssen unter Berücksichtigung des Standes der Technik so konstruiert und gefertigt sein Begrenzung der Störaussendung.
- Weiter müssen die Produkte einen angemessenen Grad der Störfestigkeit vorweisen.
- … Für ortsfeste Anlagen gibt es zusätzliche Anforderungen.
Welche zusätzlichen Produkteigenschaften müssen Hersteller für ortsfeste Anlagen nachweisen um CE-Kennzeichnung nach EMV tragen tragen zu dürfen?
Besondere Anforderungen an ortsfeste Anlagen aus Anhang 1 der Richtlinie:
- Installiert unter Anwendung der guten Ingenieurspraxis
- Verantwortliche Person hält die Unterlagen zur Einsichtnahme bereit
- Informationen über die bestimmungsgemäße Verwendung seiner Komponenten werden beachtet.
Ist die Bewertung der elektromagnetischen Verträglichkeit für die CE-Kennzeichnung zwingend notwendig?
Ja. Es besteht kein Zwang, eine dritte Stelle - Benannte Stelle oder ein EMV-Prüflabor - einzuschalten. Die Entscheidung hierüber liegt in der alleinigen Verantwortung des Herstellers. Aus unserer Erfahrung ist die Beauftragung eines Prüflabors jedoch meist der sicherste, schnellste und günstigste Weg. Der Hersteller muss eine Bewertung der elektromagnetischen Verträglichkeit des Geräts durchführen, um die grundlegenden Anforderungen zu erfüllen (gemäß Anhang I). Bei der EMV-Bewertung sind außerdem die normalen vorgesehenen Betriebsbedingungen zu berücksichtigen.
Wenn sich das Gerät nach der EMV-Bewertung hinsichtlich der elektromagnetischen Verträglichkeit (sowohl für die Störaussendung als auch für die Störfestigkeit) gemäß Artikel 2 Absatz 2d als unbedenklich erweist, fällt es nicht in den Anwendungsbereich der EMV-Richtlinie und es sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Es ist jedoch ratsam, die Ergebnisse der Bewertung aufzubewahren.
Wie läuft die Risikobeurteilung im Rahmen der CE-Konformitätsbewertung eines EMV Produkts ab?
- Analyse der Risiken: Zunächst werden die Risiken analysiert, sowohl die allgemeinen als auch die spezifischen. Nachdem die Risiken ermittelt wurden und der Hersteller die Präventiv- oder Korrekturmaßnahmen zur Minimierung dieser Risiken und zur Einhaltung der grundlegenden Anforderungen festgelegt hat, kann er wählen, ob er die für sein Produkt geltenden harmonisierten Normen anwendet oder ob er andere technische Spezifikationen wählt.
- EMV-Bewertung: Nachdem die Risiken des Geräts ermittelt wurden, sind drei Methoden für die EMV-Bewertung möglich:
- a. Anwendung der harmonisierten EMV-Normen, nachdem geprüft wurde, ob die gewählte(n) harmonisierte(n) Norm(en) alle für das Produkt relevanten Phänomene abdeckt/abdecken.
- b. Eine EMV-Bewertung, bei der keine harmonisierten Normen angewendet wurden und der Hersteller seine eigene Methodik anwendet (andere technische Spezifikationen).
- c. Eine gemischte Bewertung, bei der die beiden vorherigen Methoden kombiniert werden. Zum Beispiel könnte man die harmonisierten Normen verwenden, um Emissionsphänomene abzudecken, und eine detaillierte technische EMV-Bewertung für Störfestigkeitsaspekte.
Welche Technische Dokumentation muss im Rahmen der CE-Konformitätsbewertung eines EMV Produkts verfasst und zur Verfügung gestellt werden?
Sodass ein Produkt das CE-Kennzeichen nach EMV tragen darf muss der Hersteller bzw. Inverkehrbringer eine anforderungsgerechte technische Dokumentation erstellen und diese zur Verfügung stellen (zukünftig auch online). Diese dient als Nachweis für die Konformität des Geräts mit den grundlegenden Anforderungen dieser Richtlinie. Die Unterlagen müssen die folgenden Angaben enthalten:
- Identifikation des Produkts: Diese Identifikation sollte eine eindeutige Zuordnung zwischen den technischen Unterlagen, der EU-Konformitätserklärung und dem Produkt ermöglichen
- Allgemeine Beschreibung des Geräts: Bei einem komplexen Gerät kann eine vollständige Beschreibung erforderlich sein (es ist ratsam ein Bild beizufügen)
- Entwürfe, Fertigungszeichnungen und -pläne von Bauteilen, Unterbaugruppen, Schaltkreisen usw.
- Beschreibungen und Erläuterungen, die zum Verständnis dieser Zeichnungen und Pläne sowie der Funktionsweise des Geräts erforderlich sind;
- Wenn harmonisierte Normen angewandt wurden, ist ein Nachweis über die Einhaltung dieser Normen erforderlich. Dies ist mindestens eine datierte Liste der angewandten harmonisierten europäischen Normen und der bei ihrer Anwendung erzielten Ergebnisse. Aus unserer Erfahrung sollte der Hersteller bzw. Inverkehrbringer diese Normen zum Nachweis außerdem auch käuflich erwerben.
- Wenn harmonisierte Normen nicht oder nur teilweise angewandt wurden, eine Beschreibung der Schritte, die zur Erfüllung der grundlegenden Anforderungen unternommen wurden
- eine EMV-Bewertung - wie in Anhang II der Richtlinie beschrieben - muss enthalten sein. Die Dokumentation umfasst Prüfberichte, durchgeführte Konstruktionsberechnungen, durchgeführte Untersuchungen usw. Daher ist die Beauftragung eines Prüflabors ratsam um die EMV Bewertung schnell und korrekt nachweisen zu können.
- Wendet ein Hersteller das Verfahren des Anhangs III der EMV-Richtlinie an, so ist die von einer benannten Stelle ausgestellte EU-Baumusterprüfbescheinigung beizufügen. "3
- Eine EU-Konformitätserklärung für das Produkt muss erstellt werden.
- Das CE-Zeichen muss auf dem Produkt angebracht werden.
Was ist die EU-Konformitätserklärung und wie sieht diese für ein EMV Produkt aus?
Eine EU-Konformitätserklärung (Declaration of Conformity - DoC) wird vom Hersteller mit Sitz innerhalb oder außerhalb der EU oder seinem bevollmächtigten Vertreter in der EU ausgestellt. Es handelt sich um eine Erklärung über die Übereinstimmung der Geräte mit allen relevanten wesentlichen Anforderungen. Da es sich bei der Konformitätserklärung um eine "offizielle" Erklärung über die Einhaltung der Rechtsvorschriften handelt, muss es vom Hersteller oder seinem Bevollmächtigten unterzeichnet werden (Unterschrift). Bei der Erstellung der EU-Konformitätserklärung übernimmt der Hersteller die Verantwortung für die Einhaltung der Anforderungen dieser Richtlinie durch das Gerät.
Die Konformitätserklärung muss die folgende Informationen beinhalten:
- Gerätemodell/-produkt (Produkt, Typ, Chargen- oder Seriennummer);
- Name und Anschrift des Herstellers oder seines Bevollmächtigten
- dass die EU-Konformitätserklärung unter der alleinigen Verantwortung des Herstellers ausgestellt wird;
- Gegenstand der Anmeldung (Identifizierung von Vorrichtungen, die eine Rückverfolgbarkeit ermöglichen; sie kann ein Farbbild von ausreichender Klarheit enthalten, wenn dies für die Identifizierung des Geräts erforderlich ist);
- dass der Zweck der oben beschriebenen Erklärung mit den einschlägigen Harmonisierungsvorschriften der Union im Einklang steht;
- dass der Zweck der oben beschriebenen Erklärung mit den einschlägigen Harmonisierungsvorschriften der Union im Einklang steht;
- Gegebenenfalls die benannte Stelle ... (Name, Nummer) durchgeführt ... (Beschreibung der Intervention) und ausgestellt die Bescheinigung ... (EU-Baumusterprüfbescheinigungsnummer);
- Zusätzliche Informationen;
- Unterzeichnet für und im Namen von;
- Ort und Datum der Ausgabe;
- Name, Funktion und Unterschrift.
Wie muss die CE-Kennzeichnung auf einem EMV Produkt angebracht werden?
Das Gerät trägt die CE-Kennzeichnung als Bescheinigung über die Einhaltung der EMV-Richtlinie. Die CE-Kennzeichnung ist sichtbar, leserlich und unauslöschlich am Gerät oder an seinem Datenschild anzubringen. Ist dies aufgrund der Art des Geräts nicht möglich oder nicht gerechtfertigt, so ist es auf der Verpackung und der Begleitdokumentationanzubringen [2].
Welche harmonisierten Normen sind insbesondere bei der Konformitätsbewertung nach EMV-Richtlinie häufig zuberücksichtigen?
Im Folgenden nennen wir einige harmonisierte Normen die aus unserer Erfahrung häufig im Rahmen der Konformitätsbewertung nach EMV berücksichtigt werden. Diese Normen belegen die Vermutung der Einhaltung wesentlicher Anforderungen der EMV-Richtlinie:
- EN 55022 It-Tech-Ausrüstung - Funkstörungsmerkmale - Grenzwerte und Messmethoden
- EN 55032 Elektromagnetische Verträglichkeit von Multimedia-Geräten - Emissionsanforderungen
- EN 61000-6-1/2/3/4 Generische Normen,
- Die neueste harmonisierte Norm ist EN 12895:2015+A1:2019 Industrie-Lkw - Elektromagnetische Verträglichkeit.